Ratgeber CNC | Achsen

Drei, vier oder fünf Achsen?

Beim Maschinenkauf stellt sich früher oder später die Frage, wie viele Achsen man bei der Hauptspindel benötigt.

Die Slogans „3-D Bearbeitung“ und „5-Achs“ sind in der Werbung äußerst beliebt. Doch braucht man wirklich 5 Achsen und hat das nur Vorteile? Fakt ist: Auch mit einer 3-Achs Maschine, entsprechenden Spannvorrichtungen und der passenden Software kann man in zwei Aufspannungen viele 3D-Formteile herstellen, selbst eine Kugel. Auch die meisten 5-Achs-Maschinen können keine Kugel in einer Aufspannung fräsen, da die Bearbeitung von unten und die Bearbeitungshöhe begrenzt sind.

Vorteile von 5-Achs-Maschinen:

  • Jeder Punkt innerhalb des Bearbeitungsbereiches kann in jedem beliebigen Winkel angefahren werden. Es ist also möglich, einen Fingerfräser bei jeder beliebigen Form senkrecht zur Werkstückoberfläche einzusetzen. Noch wichtiger für die meisten Anwender wird das Positionieren von Bohrern und Sägeblättern in jedem beliebigen Winkel sein.
  • Anders als noch vor 10 Jahren sind heute Maschinen mit 5 Achsen relativ preisgünstig erhältlich, der Preisunterschied zu 4-Achs Maschinen beträgt bei einigen günstigen Modellen weniger als 10%. Allerdings können diese 10 % mehr als zehntausend Euro betragen.

Nachteile von 5-Achs-Maschinen:

  • Wer sowieso meist nur vertikal fräst, sollte sich den Kauf einer 5-Achs-Maschine gut überlegen. Die Spindel hat zwei zusätzliche Drehgelenke. Diese neigen bei höheren Zerspanungskräften zum Nachgeben, was schlimmstenfalls zu Vibrationen und/oder Ungenauigkeiten führen kann. Einige Hersteller haben daher Systeme entwickelt, welche die Drehachsen blockieren, wenn mit vertikaler Spindel gearbeitet wird. Jedoch ist eine einfache vertikale Spindel bauartbedingt immer steifer als eine 5-Achs-Spindel.
  • Aufgrund der großen Bewegungsfreiheit müssen die Absaughauben von 5-Achs-Spindeln in einem wesentlich größeren Abstand zur Spindel angeordnet sein als bei 3- oder 4-Achs-Spindeln. Dies bedeutet eine möglicherweise schlechtere Absaugung und die Notwendigkeit, eine Absaugung mit höherem Volumenstrom einzusetzen, was wiederum Kosten verursacht.

Wer abschätzen kann, dass die Werkstückbearbeitung in beliebigen Winkeln nicht notwendig ist und wer gelegentlich einmal einen Sägeschnitt machen möchte, wird vermutlich mit einer 3-Achs oder 4-Achs Maschine plus Aggregat besser kommen. Die Kosten für den Kauf, aber auch die Folgekosten sind niedriger und die Bearbeitungsqualität ist von weniger Faktoren abhängig.

Es ist jedoch auch zu bedenken, dass der Kauf vieler Aggregate am Ende dazu führen kann, dass die Beschaffungskosten einer 4-Achs-Maschine gleich oder höher einer 5-Achs werden.

Reine 3-Achs-Maschinen sind heute nur noch selten zu finden. Dabei handelt es sich meist eher um Bohrmaschinen mit zusätzlicher Frässpindel. Hier können Werkzeuge lediglich vertikal eingespannt werden.

Die Verwendung von Winkelaggregaten ist aber auch auf 3-Achs-Maschinen möglich. Eine zusätzliche Fixierung, die Drehmomentstütze, ermöglicht den Einsatz von Aggregaten in einem festen Winkel, z.B. für das Fräsen von Schlosskästen an Türen.

Soll aber ein schräger Sägeschnitt vorgenommen werden oder z.B. eine horizontale Bohrung in eine Schrankseite für einen Dachschräge eingebracht werden, sind 3 Achsen nicht mehr ausreichend.

Die vierte Achse (C-Achse) ermöglicht die gesteuerte Positionierung der Drehmomentstütze und somit die Anwendung von Winkelaggregaten in jedem beliebigen Drehwinkel. Die manchmal in Werbetexten zu findende „interpolierende“ 4. Achse – also eine während der Bearbeitung drehende Achse – ist für die Praxis ohne Belang, außer beim Einsatz eines Kantenanleimaggregates.

… oder doch 4 ½ Achsen?

Eine vor 10-15 Jahren äußerst populäre Alternative zu 5-Achs-Maschinen stellen Aggregate dar, welche mittels technischer Vorrichtungen auch auf 4-Achs Maschinen eine 5. Achse ermöglichen.

Da diese Technologie mit höheren Kosten verbunden ist und heute auch 5-Achs-Maschinen im unteren Preissegment auf dem Markt sind, verringerte sich der Marktanteil solcher Aggregate in den letzten Jahren drastisch. Einige Hersteller haben diese Aggregate aus dem Programm genommen und sich ausschließlich auf die Weiterentwicklung von 5-Achs-Spindeln konzentriert.

Maschinen mit dieser Technologie haben nur 4 angetriebene Achsen, verfügen aber über eine zusätzliche Schnittstelle, auf welche der Antrieb der C-Achse umgeschaltet werden kann. Die dazugehörigen Aggregate besitzen dieselbe Schnittstelle, über die das Werkzeug im Aggregat geschwenkt werden kann. Soll nun das Aggregat gedreht werden, wird die C-Achse eingesetzt wie bei jeder anderen 4-Achs-Maschine auch. Soll das Werkzeug im Aggregat geschwenkt werden, schaltet der Antrieb der C-Achse auf die zusätzliche Schnittstelle um und schwenkt das Werkzeug.

Eine Sonderform stellt die von Weeke und Benz entwickelte Flex 5 Axis Technologie dar. Hier verfügt die Maschine tatsächlich über 5 angetriebene Achsen, welche jedoch keine Spindel positionieren, sondern die Achsen eines entsprechenden Aggregates. Theoretisch wäre mit diesen Aggregaten ein „echter“ 5-Achs-Betrieb möglich, dies wurde jedoch softwaretechnisch nie entwickelt.

Bilder

4-Achsspindel: Die vierte Achse (C-Achse) ermöglicht die gesteuerte Positionierung der Drehmomentstütze
4-eineinhalb-Achs-Aggregat: nur 4 angetriebene Achsen, aber mit zusätzlicher Schnittstelle