Nullfuge - kritische Betrachtung

Seit Vorstellung der ersten Nullfugentechnologie besteht die Diskussion darüber, ob die Nullfuge hält, was sie verspricht. Denn kaum sichtbare und nachweisbar haltbare Kantenverbindungen lassen sich auch mit sehr dünn aufgetragenem PU-Kleber erzielen.

Die Hersteller von Kantenband und Nullfugentechnik werben neben dem optischen Eindruck mit der großen Beständigkeit dieser Kantenverbindung. Diverse Untersuchungen haben stattgefunden, um die Haltbarkeit der Verbindungen mit EVA-Schmelzkleber, PU-Schmelzkleber und verschiedenen Nullfugentechnologien zu erforschen, wenn Wärme, Wasser und Wasserdampf auf das fertige Werkstück einwirken. Unumstritten ist, dass Verbindungen mit EVA-Klebstoffen die weniger Beständigen sind. Bei Nullfuge und PU scheinen die Ergebnisse jedoch die Erwartungen der Auftraggeber zu spiegeln. Das liegt nicht unbedingt an der Unabhängigkeit der Studien sondern an der Vielzahl von Einflüssen, die auf die Kanten-Werkstückverbindung einwirken.

Nachfolgende Aufstellung gibt Auskunft über die Charakteristik der drei Verbindungsarten, sodass jeder Anwender einen eigenen (ersten) Eindruck gewinnen kann.

EVA-Schmelzkleber-Verbindung

Die Verbindungstechnik ist jahrzehntelang erprobt und zahlreich optimiert worden, Aggregate und Ersatzteile sind zu gewohnten Preisen verfügbar.
Die Fuge kann vollflächig gefüllt werden, Unebenheiten in der Schmalfläche werden ausgeglichen. Alle gängigen Kantenmaterialien sind verwendbar.
Der Klebstoff ist in verschiedenen Farben erhältlich. Er ist dauerelastisch, schrumpft aber minimal. In der Fuge bleibt Schmutz hängen. Auch EVA selber nimmt verschiedene Farbstoffe in seine Oberfläche auf. Die Festigkeit der Verbindung entwickelt sich mit dem Abkühlen des Klebstoffs. Wärmezufuhr vermindert die Festigkeit. Eine Absaugung oberhalb des Leimbeckens ist zum Schutz der Gesundheit erforderlich.

PU-Schmelzkleber-Verbindung

Die Verbindungstechnik ist jahrzehntelang erprobt worden. Es gibt multifunktionale und einfach zu bedienende Systeme wie das Patronensystem bis hin zu Systemen die viel Nebenausrüstung wie einzeln stehende Aufschmelzer, Stickstoffbehälter und dergleichen erfordern. Hier ist jedoch in den letzten Jahren viel getan und das Handling einfacher geworden. PU-Verklebung erfordert Sprüheinrichtungen für Trenn- und Reinigungsmittel. Diese Mittel verursachen auch laufende Kosten. Aggregate und Ersatzteile sind etwas teurer und die Wartung erfordert mehr Aufmerksamkeit.
Die Fuge kann vollflächig gefüllt werden, Unebenheiten werden ausgeglichen. Die höhere Viskosität ermöglicht aber auch den Auftrag sehr dünner Filme und erreicht damit das Niveau einer optischen Nullfuge. Dann steigen jedoch die Anforderungen an Werkstückqualität und Bearbeitungspräzision wie im Abschnitt 10 „Voraussetzungen für eine gelungene Nullfuge“ beschrieben. In diesem Zusammenhang sei das Verfahren SlimLine erwähnt.
Der Klebstoff ist nur in wenigen Farben erhältlich. Er erstarrt mit dem Abkühlen und härtet durch Vernetzung unter dem Einfluss von Luftfeuchtigkeit aus. Je nach Trägerplatte dauert dieser Prozess zwischen 4 bis 7 Tagen. Der Klebstoff schrumpft nicht in der Fuge, er lässt sich durch Erwärmen nicht wieder erweichen und ist sehr beständig gegenüber Wasser. Verschiedene Inhaltsstoffe stehen im Verdacht krebserregend zu sein. Eine Absaugung oberhalb der Aufschmelz- und Auftragseinheit ist erforderlich sowie das Tragen von Augen-, Atem- und Handschutz bei Reinigungstätigkeiten.

Nullfugenverbindung

Die Verbindungstechnik ist noch recht neu und sowohl in der Anschaffung als auch was Ersatzteile betrifft sehr teuer. Manch vielgepriesenes Verfahren ist bereits nach wenigen Jahren wieder verschwunden. Die Technik ist komplizierter als die der EVA-Verklebung und erfordert mehr Aufmerksamkeit in der Bedienung. Es entfallen die Sprüheinrichtungen für Trenn- und Reinigungsmittel, auf Antistatik und Kühlmittel sollte jedoch nicht verzichtet werden. Der Wartungsaufwand ist geringer, insbesondere was Reinigungsarbeiten angeht. Vom Anleimaggregat bis zur Ziehklinge entfallen die Verschmutzungen durch Leim und Leimdämpfe. Der Energiebedarf reicht von gering bei Verwendung der NIR-Technologie über ansteigend bei den verschiedenen Laserverfahren bis hin zu hoch bei den Heißluftverfahren. Die Heißluftverfahren erfordern zudem zusätzliche Druckluft, deren Kosten nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Die Aufheizzeit der aktuellen Nullfugentechnologie liegt unter der der Schmelzkleberverfahren.
Der gesamte Verbindungsprozess erfordert höchste Präzision von Werkzeugen und Aggregateeinstellungen sowie eine überdurchschnittliche Plattenqualität. Kleine Mängel in der Verarbeitung werden erst im Verlauf des Werkstücklebens sichtbar, wenn Wasserdampf in Mikrorisse eindringt und das Plattenmaterial zum Quellen bringt.
Das Kantenband ersetzt mit der Funktionsschicht den Klebstoff. Deren Farbe entspricht der des Kantenbandes und trägt maßgeblich zum „Verschwinden“ der Fuge bei. Es sind alle denkbaren Farben und Dekore möglich. Bei einem Farbwechsel muss nur das Kantenband gewechselt werden, es sind nicht mehr wie üblich mehrere Leimbecken für unterschiedliche Farben nötig. Die Kosten für das Kantenband sind von verschiedenen Faktoren abhängig. Im Vergleich zu unbeschichtetem Kantenband sind Nullfugenkanten ca. 10% teurer. Vorteil der Nullfugenverbindung: Gesundheitsbedenkliche Dämpfe entstehen nur zum Zeitpunkt der Kantenerhitzung.

Die optische Nullfuge

Die optische Nullfuge basiert im Wesentlichen auf einem sehr dünn aufgetragenem PU-Klebstofffilm.

Die Beschreibung weiterer Verfahren ist in Arbeit.